Schwäbisch-Alemannische Fasnet und der Kölner Karneval

01. Dez 2024,

Schwäbisch-Alemannische Fasnet und der Kölner Karneval

In der letzten Ausgabe des Fastnachtsjournals der VSAN (Nr. 43), auch Narrenbote genannt, schreibt die neue Kulturbeauftragte der VSAN, Frau Saray Paredes Zavala, in einem Artikel Folgendes:
"Was viele nicht wissen: Ohne die Kölner Karnevalsreform von 1823 gäbe es heute die schwäbisch-alemannische Fastnacht nicht mehr. Das Fest stand aufgrund seiner Derbheit und der damit einhergehenden mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz Anfang des 19. Jahrhunderts kurz vor seinem Aus. Allein das Kölner Modell rettete die Fastnacht hierzulande."


Auch Prof. Werner Mezger aus Rottweil vertritt in seinen Vorträgen neuerdings diese Darstellung. Diese Sichtweise ist neu und in der bisherigen einschlägigen Fastnachtsliteratur habe ich davon noch nichts gelesen. Übrigens auch nicht in der Literatur von Prof. Mezger selbst. Im Austausch mit Fastnachtern und Archivaren anderer Zünfte stelle ich zudem eine gewisse Verwunderung über diese Aussage fest. Sicher gewann der Karneval Ende des 19. Jahrhunderts bei uns und im ganzen Südwesten an Popularität. Vielerorts gab es einen Prinzen Karneval, auch bei uns bis 1952, und die heimische Fastnacht wurde zurückgedrängt. So feierten die vornehmen Kreise bei Maskenbällen und Redouten den Karneval, während die einfachen Leute weiterhin auf der Straße im Häs verkleidet ihre Fastnacht feierten. Ganz verschwunden war daher die Fastnacht nie. Anfang des 20. Jahrhunderts besann sich die Bevölkerung im Südwesten dann wieder der eigenen Masken und traditionellen Häser und drängte somit die Einflüsse des Karnevals zurück. Man hat zunehmend erkannt, was man an der eigenen Fastnacht hat und kehrte dem Karneval den Rücken. Hierbei von einer Rettung der Fastnacht durch das Kölner Modell zu reden, darf zumindest kritisch hinterfragt werden.


Sei 2014 sind die schwäbisch-alemannischen Fastnacht und der Karneval immaterielles Kulturgut auf nationaler Ebene. Ziel ist die Aufnahme in den Weltkulturstatus. Hierbei wird ein gemeinsamer Schulterschluss von VSAN und Karneval gesucht. Sicher ein Grund, warum sich seit neustem im Narrenschopf in Bad Dürrheim auch die Figuren des Kölner Dreigestirns befinden. Vielleicht soll auch die obige Sichtweise dieses Ansinnen unterstützen. Ob man sich damit aber langfristig einen Gefallen tut, wird sich zeigen. Bereits im Januar habe ich einen Brief an den Kulturellen Beirat der VSAN geschrieben und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema angeregt. Eine Antwort steht noch aus.


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